Rundbrief 2

10.09.2004

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  • Die Priesterweihe
  • Meine Tätigkeit als Deutschlehrer
  • Fünf Bazungu ziehen durchs Land
  • Reisebekanntschaften
  • Die lugandische Begrüßung
  • Gomez und Kanzu
  • Was so ein alter Japaner alles aushält oder Taxifahren in Uganda
  • Begegnungen
  • Bilder
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    Lieber Unterstützerkreis!

     

     

    Bevor ich die zweite Rundmail abschicken konnte, sind wieder Dinge passiert, die den Brief locker länger hätten machen können. An dem Wochenende, an dem ich diese Mail abgeschickt hatte, war ja die große Priesterweihe in Kampala.

     

    Diese Zeilen (und die der folgenden zwei Seiten) habe ich vor über drei Wochen angefangen zu schreiben! Doch mir ist einiges dazwischen gekommen. Ich möchte mich für die Verspätung dieses zweiten Rundbriefs entschuldigen.

     

    Ein Grund ist die problematische "Kommunikationslage". Von dem Computerraum, in dem regelmäßig der Strom ausfällt, habe ich ja bereits berichtet. Eine weitere Schwierigkeit stellt die Entfernung zum nächsten Ort mit Internetzugang dar. Das ist nämlich Kampala, also drei Stunden von hier...

     

    Dann war ich auch noch zwei Tage krank. Dies gerade in der Zeit, in der ich kurz hier in Kigando war und ich eigentlich die Zeit hatte emails zu schreiben, um sie dann später in Kampala abzuschicken. Die Krankheit war nichts Ernstes, aber ich habe mich doch einige Tage schwach gefühlt.

     

    Nachdem ich wieder fit war, habe ich mich dem Trip durch Teile Ugandas von Simon und Julian angeschlossen. Dabei hatte ich auch nicht die Möglichkeit meine Rundmail zu beenden. Jetzt bin ich wieder zurück und kann hoffentlich diesen Brief beenden. So jetzt aber mal zur Sache:

     

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    Die Priesterweihe

     

    Eine Priesterweihe (Ordination) ist ein großes Ereignis, vor allem, wenn sie in der beeindruckenden Lubaga Kathedrale in Kampala stattfindet. Die Menschen Die Lubaga Cathedral in Kampalakommen von weit her um den Gottesdienst und insbesondere die neuen Priester und Diakone zu feiern. Wir hatten auch eine längere Anreise hinter uns. Wir sind in Kigando gegen fünf morgens gestartet. Man braucht für die Strecke drei/vier Stunden, das ist abhängig vom Vehikel, den derzeitigen Straßenverhältnissen und vor allem dem Fahrstil! In Kampala gab's zum Glück noch ein kleines Frühstück, bevor es in den Gottesdienst ging. Die mich begleitenden Schwestern haben mich in den "Nonnenblock" gelotst, wo ich natürlich als männlicher Weißer kaum aufgefallen bin. Wir waren eher im Seitenschiff der Kathedrale. In der Mitte saßen die Eltern und weitere stolze Angehörige der werdenden Priester. Dennoch konnte ich ganz gut sehen, was dort vor sich ging. Die Messe wurde vom Kardinal Emmanuel Wamala gehalten. Also dem absolut höchstem katholischen Tier in Uganda. Neben ihm waren auch noch einige Bischöfe und um die 80 Pfarrer am Gottesdienst beteiligt. Aber auch die Kirche selbst war gerammelt voll. Wir saßen wie die Hühner auf der Stange und auch jede freie Stelle auf dem Boden der Kathedrale war bald von Strohmatten belegt, auf denen sich die Menschen niederließen. Der einheitliche katholische Gottesdienst hat einen nicht zu leugnenden Vorteil, man weiß immer wo man ist, da die Messen hier auf Luganda sind. Ich weiß zwar den Anfang des Vater Unser, das Kreuzzeichen und Amiina, aber um zum Beispiel die Predigt zu verfolgen reicht dies bei weitem nicht. Das würde mich aber gerade interessieren, denn mir scheint es als ob der Pfarrer hier auch noch den Entertainer abgibt. So oft wie hier während der Predigt gelacht wird, müssen die Pfarrer die absoluten Brüller auf Lager haben! Oder können sie die Frohe(!) Botschaft den Menschen besser vermitteln? Die ganze Messe verläuft sowieso nicht so steif wie bei uns. Während den Liedern wird geklatscht und getrommelt und ein Chor ist ein absolutes Muss. Am beeindruckensten ist, wie die Frauen ihre Freude über die werdenden Priester oder allgemein über das gerade Gehörte preisgeben. Als zum Beispiel die Kandidaten vorgestellt wurden, klang durch die ganze Kirche ein lautes, hohes Trillern - Olulation (oder so ähnlich) wird das genannt. Das verursacht bei mir jedes Mal eine Gänsehaut, weil es absolut schön zu erfahren ist, wie die Menschen sich für andere freuen können oder wie sehr sie wirklich Spaß am Gottesdienst haben.

     

    Eine andere tolle Erfahrung ist für mich, die Reaktion der versammelten Gemeinde zur Wandlung. In der Eucharistiefeier wandelt der Priester, das Brot (die Hostien) in den Leib Christi, sowie den Wein in das Blut Christi. Im katholischen Gottesdienst in Deutschland klingeln die Messdiener und falls vorhanden läutet die Kirchglocke. Hier hat man sowas nicht. Hält hier der Priester Brot und Wein in Händen, spenden die Menschen rhythmisch Beifall. Das finde ich absolut genial!

     

    Die Priesterweihe war eine echt tolle Erfahrung auch wenn sie vier Stunden gedauert hat.

     

    Danach ging's zum Mittagessen. Tja und das mit dem Kardinal - das war schKardinal Emmanuel Wamala - eine Biografie ist im Internet auf den Seiten des Vatikan zu finden - einfach klicken!on hammerhart! Ich war bereits in den Raum und sollte schon anfangen, als halt der Kardinal auch reinkam. Im Laufe der nächsten Minuten kamen dann noch diverse andere Herren. Man begrüßte sich. "Ah aus Deutschland, herzlich Willkommen!..." Simon ist dann auch noch dazugestoßen. Er hat mir dann erläutert wer, wer ist. Neben Kardinal Wamala saß mir noch der Chef der orthodoxen Kirche gegenüber, sowie neben mir diverse Bischöfe und Monsignores. Tja dann hatte ich nun mal ein nettes Mittagessen mit dem Kardinal - echt krass! Ich habe keine Ahnung, wie ich zu der Ehre gekommen bin. Ich hab nicht mal unseren Kardinal Lehman in echt gesehen, aber mit dem ugandischen zu Mittag gegessen...

     

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    Meine Tätigkeit als Deutschlehrer

     

    So nun aber mal wieder zurück zum "Alltag", der sich ganz allmählich bei mir einstellt. Lehrer bin ich hier schon geworden. Aber weniger in Sachen Computer, sondern in Deutsch. Die Menschen hier, Fathers, Lehrer, Seminaristen und SchülerInnen sind sehr an Deutsch interessiert. Das liegt denke ich vor allem, an dem im ersten Rundbrief angedeuteten starken deutschen "Einfluss" (im positivsten Sinne) und die offene und dankbare Einstellung die Menschen Deutschen gegenüber haben. Da ich über keinerlei Unterlagen zum Deutschunterricht verfüge und meine pädagogischen Fähigkeiten erst noch erweckt werden müssen, bastele ich mir hier meinen Deutschstunden selbst zusammen. Aber es läuft ganz gut. Ich habe hier einige Einheiten gestartet. Es gibt sehr große Unterschiede zwischen meinen "Schülern". Father Edward Ndalike, der von mir Privatunterricht bekommt, der mir dafür im Gegenzug Luganda lehrt, ist sehr interessiert und zeigt Willen zum Lernen. Dann waren hier bis vor kurzen noch zwei Seminaristen Julius und Ronnie, die sich Deutsch mittels eines Buches selbst beigebracht haben. Die zwei sind richtig gut! Es war ein Riesenspaß ihnen zuzuhören, wenn sie sich auf Deutsch unterhielten. Es wurde auch berichtet, dass sie in ihren Zimmern, auch wenn ich nicht zugegen war, Deutsch sprachen. Mit diesen beiden, vor allem aber mit Julius, habe ich mich super verstanden. Das lag aber denk ich nicht an ihrem Interesse an Deutsch, sondern mehr an der Zeit, die ich mit ihnen verbrachte und ihrer witzigen Art! Sie wollten sich dann auch bald einer Klausur unterziehen. Ich habe Übungen zu den Zeiten, zum Wortschatz und ein Diktat drangebracht. Sie waren richtig gut, so dass ich ihnen eine 1- und eine 1-2 geben konnte.

     

    Jetzt sind hier gerade Ferien. Ich denke, ich werde nach diesen das ganze ein bisschen strukturierter angehen, in Rücksprache mit der Rektorin. Ich könnte mir auch vorstellen in den Naturwissenschaften zu unterrichten, dass hat Julian, der zweite Freiwillige hier, in seiner Schule gemacht. Computerunterricht gebe ich hier auch nur sehr sporadisch. Das muss man wirklich von ganz unten und ganz langsam angehen! Aber hier im Computerraum ist eh einiges nicht ganz so am laufen.  Rund ein Dutzend PC stehen hier, mit fünf verschiedenen Windowssystemen. Am besten gleich zwei auf einem, was die Maschinen sehr langsam macht. Dann funktioniert bei einem das CD-ROM Laufwerk, beim anderen die Diskette nicht. Außerdem fehlen zig Systemdateien. Das macht es nicht einfach hier zu arbeiten!

     

    Fünf Bazungu ziehen durchs Land

     

    Julian und Simon (unsere Vorgänger) hatten für das Ende ihrer Zeit in Uganda eine kleine Reise zu den wichtigsten (natürlichen) Sehenswürdigkeiten des Landes geplant. Sie haben uns (Vanessa und mich) eingeladen mitzukommen. Ich hatte ein bisschen Bedenken gleich am Anfang zu reisen, ohne bereits groß gearbeitet zu haben. Aber Sr. Richard fand es eine gute Idee und zudem waren zur geplanten Reisezeit auch Ferien. Außerdem dachte ich, ist es bestimmt nicht verkehrt sich von zwei Ugandaerfahrenen das Land, auch außerhalb der Hauptstadt, zeigen zu lassen.

     

    Also haben sich fünf Deutsche getroffen und sich Richtung Osten aufgemacht. Die fünf Bazungu (Plural von Mzungu) waren Simon, Julian, Vanessa und Annette (Simons Schwester, die auf Besuch gerade hier ist). Wir sind in das bergige Gebiet um den Mt. Elgon gefahren. Die Landschaft unterscheidet sich schon von der hiesigen, aber sie ist sehr schön! Unser Ziel waren die Die Sipi Falls -zum Vergrößern clicken!herrlichen Sipifalls . Am beeindruckendsten ist der letzte der Fälle. Dort stürzt sich ein Bach 90 Meter in die Tiefe. Es ist ein grandioser Anblick an dem man sich kaum satt sehen kann!

     

    Von dort sind wir zum Nil gefahren. Wir haben einige Zeit an diesem mächtigen Strom verbracht. Bei Jinja fließt der Nil aus dem Viktoriasee heraus, das ist die offzielle Quelle des Nils . Bald danach steht auch das große Wasserkraftwerk, dass ja große Teile Ostafrikas mit Strom versorgt. Doch das genügt nicht um den mächtigen Strom zu zähmen. Weiter stromabwärts finden sich zahlreiche, wilde Stromschnellen. Es gibt einige sehr schöne Stellen am Nil, wie zum Beispiel die Bujagali Falls . Diese sind durch die Planung eines größeren Kraftwerks bedroht. Eigentlich war damit schon alles klar, doch nach einem dicken Finanzierungsskandal liegt der neue Damm erstmal auf Eis.

     

    Der Nil hat uns auf unsrer weiteren Reise nicht losgelassen. Wir sind zurück nach Kampala um ein Taxi (eines der Kleinbusse, Suaheli: Matatu) nach Masindi zu nehmen. Eigentlich muss man immer über die Hauptstadt reisen. Sie ist d e r Knotenpunkt. Von dort aus wollten wir in den großen Murchinson Falls National Park um uns weitere Wasserfälle anzusehen. Nur war das Problem, wie dorthin kommen. Denn in den Park rein fahren keine Taxis. Die "normalen" Touris nehmen sich einen Mietwagen oder schließen sich einer Reisegruppe an. Doch beides kam für unsere Low-Budget-Reise nicht in Frage. Also haben wir uns Boda-Bodas genommen. Hab ich von denen schon erzählt? Die Boda-Bodas gibt es in jedem Dorf und jeder Stadt. Das sind Mopeds und kleine Motorräder. Sie sind für kürzere Strecken gedacht oder bringen einen direkt zum Zielort, wohin kein Taxi fährt. Man steigt einfach hinten drauf (ich vermeide hier den Begriff Sozius, denn das wäre stark übertrieben) und sagt dem Fahrer wo es hingehen soll. Es ist noch gar nicht so lange her, seitdem Helmpflicht besteht (auch für den Mitfahrer). Doch das hat sich wohl noch nicht herumgesprochen...

     

    Nun aber zurück zur Fahrt in Richtung Park. Unsere nette Boda-Boda-Flotte ist also zu der etwas längeren Strecke auf staubiger Piste losgecruist. Immer wieder hat sich einer der Fahrer nach hinten fallen lassen und der nächste ist nachgekommen. (Einen Zirkel wie bei der Tour de France haben wir aber nicht hingekriegt) Das hat dann aber gestaubt, doch das war nichts im Vergleich, wenn an uns Pickups oder andere Autos vorbeigerauscht sind. Also i c h hab dann eine Zeitlang nicht mehr viel gesehen... Irgendwann hat uns ein größerer, offener Lastwagen überholt und vor uns gehalten. Wir glaubten unsren Augen und Ohren nicht als der Fahrer und die Menschen auf der Ladefläche uns einluden mit ihnen weiterzufahren. Das ist Afrika von einer seiner schönsten Seiten! Wir haben uns zu den rund 15-20 anderen "Fahrgästen", Matooke, Fahrrädern und Kartons gesellt und uns irgendwie auf der Ladefläche eingerichtet. Bequem war es wahrlich nicht. Staubig, windig und der Fahrer hatte eine Geschwindigkeit drauf dass wir nur so über die Schlaglöcher hinwegflogen - wir haben aber noch genügend erwischt!! Die Fahrt hat ziemlich gedauert. Sie ging aber zunächst durch dichten Wald und dann durch die Feuchtsavanne. Von unsrer erhöhten Position hatten wir einen schönen Blick auf die herrlich grüne Landschaft! Außerdem haben wir bereits hier Affen und ein paar Antilopen gesehen. Der Lastwagen, er war von der Ugandan Wildlife Authority (UWA) hat uns dann noch bis zu den Bandas (Tourihütten), in denen wir schlafen wollten, gebracht. Der Fahrer wollte nichtmal ein Trinkgeld entgegennehmen. Ziemlich fertig, aber überaus glücklich, dass alles so super geklappt hat, haben wir unsere Bandas bezogen.

     

    Am nächstem Morgen schlossen wir uns dem Bootstrip Richtung der Fälle an. Sehr bald haben wir die ersten Nilpferde gesehen, die immer in Gruppen in Ufernähe badeten. Die Krokodile hingegen waren einzelgängerisch. Sie hatten sich am Ufer im Gras versteckt und fingen die morgendlichen Sonnenstrahlen ein, um Energie für den Tag zutanken. Manche von ihnen sind bei der Annäherung des Bootes ins trübe Wasser gesprungen, andere hingegen ließen sich nicht beirren, so dass wir sie aus nächster Nähe beobachten konnten. Vögel kamen uns auch noch zu Gesicht, zum Beispiel ein Seeadler. Außerdem grasten Wasserbüffel am Ufer und Antilopen genehmigten sich einen morgendlichen Schluck aus dem Nil. Und dann, dann haben wir tatsächlich von weiten einige wenige Elephanten gesehen! Meine ersten Elephanten in freier Wildbahn.

     

    Nach etwa 2 Stunden hat das Boot in der Nähe der Murchisonfälle angelegt um uns aussteigen zulassen. Jetzt hatten wir genügend Zeit die Fälle zu erkunden, bis Die oder besser der Murchison Fall(s)das Nachmittagboot uns wieder einsammelte. An dieser Stelle zwängt sich der Nil auf einer Breite von etwa sechs Metern durch den Fels und stürzt rund 45 Meter nach unten. Das ist ein Atem beraubendes Schauspiel! Dabei ist dies wohl einigem Nilwasser zu heftig, so dass ein weiterer Teil sich rechts (in Stromrichtung) am Felsen vorbeimogelt um dort aber auch eine ordentliche Kaskade zu produzieren. (Deswegen wird von den Murchisonf ä l l e n gesprochen, wobei auf Postkarten meist nur der andere zu sehen ist - ähnlich wie bei den Sipifalls.) Man kann auch auf die Fälle steigen um das Spektakel von oben und der Seite zu beobachten. Das ist ganz schön feucht! aber echt toll!

     

    Reisebekanntschaften

     

    Als wir zurück waren und wir uns mit einem Abendessen gestärkt hatten, haben wir uns in den gemütlichen Abend geworfen, bzw. in die Rattansessel unter dem großen Strohdach der "Bar" unseres "Safaricamps". Dort sitzen dann die Touris in ihren Grüppchen. Irgendwann haben wir uns zu zwei jungen Dänen gesetzt und geplaudert. Später am Abend hat uns noch eine Gruppe Israelis zu einer Tasse heißer Schokolade eingeladen. Drei (der fünf) haben wir bereits früher auf unserer Reise getroffen. Wir haben über dies und das geschwätzt und es war echt cool. Es ist echt angenehm zu erfahren, wie offen auch die Weißen in einem Land wie Uganda sind. Man kommt ziemlich leicht ins Gespräch und die Herkunft ist zwar interessant, aber nicht in irgendeiner Richtung ausschlaggebend.

     

    Da gibt es zum Beispiel auch die drei Amis, die mit uns am Nil waren. Sie wohnen, wie Julian und Vanessa, in Iganga. Julian hat sich mit ihnen angefreundet und wir hatten eine echt tolle Zeit mit ihnen. Die drei - Jacob, Emily und Taylor - bauen in Iganga ein Kommunikationszentrum auf. Ein Ort mit Internetzugang, der vor allem NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen) und CBOs (Community Based Organizations) miteinander und untereinander verknüpfen soll. Damit sollen sie Projekte untereinander absprechen und Erfahrungen austauschen (Nutzung von Synergieeffekten..;-). Die drei sympathischen US-Amerikaner, Jacob kommt aus Chicago, die beiden anderen aus Los Angeles, haben gemeinsam in Genf studiert. Nach ihrem Abschluss haben sie in den USA Geld gesammelt und sind damit und ihrer Idee des Internetcafes nach Uganda gekommen.

     

    Inzwischen bin ich in mein Kigando zurückgekehrt. Wir haben gerade ein heftiges Gewitter hinter uns und bald gibt es Abendessen. A propos: gestern gab es etwas besonderes. Zur Suppe wurden doch tatsächlich B r e z e l n  gereicht! Klar nicht ganz laugenbrezelnmäßig, aber die Form hat gestimmt. Und vor allem waren sie salzig. Sonst wird das Brot hier nämlich mit Zucker gemacht. Danach gab es noch eine Spezialität, die mich aber nicht ganz so in den Bann gezogen hat. Zerschnippelter und gekochter Kuhmagen. Es war genießbar, aber war nicht so der Hit. Derzeit sind hier in der Society Exerzitien. Tage der inneren Einkehr und spirituellen Selbstfindung. (War das einigermaßen richtig erklärt?) Wie die hier genau ablaufen, weiß ich nicht, da ich nicht teilnehme. Denn alles ist in Luganda und mit meinen Begrüßungsfloskeln und den oben erwähnten weiteren bescheidenen Kenntnissen würde ich mich bei der Suche nach mir selbst bestimmt verirren. Oder wenigstens total langweilen. Ich denke aber morgen werde ich mal vorbeischauen.

     

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    Die lugandische Begrüßung

     

    Wenn wir schon dabei sind, kann ich an dieser Stelle ja mal ein bisschen mit meinem Luganda prahlen. Am besten eignet sich darzustellen, wie sich die Menschen, die Baganda, hier begrüßen. Aber zuerst einmal noch einige Begriffserklärungen, falls noch nicht geschehen. Also in Uganda gibt es verschiedene Königreiche Bunyoro, Busoga und zig mehr. Ich befinde mich im tollsten, stärksten und mächtigsten (klaro), nämlich Buganda (davon hat Uganda den Namen). Die Leute von Buganda sind die Baganda, wobei einer ein Muganda ist. Alle sprechen Luganda und folgen dem Lebensstil Kiganda, alles klar?! Wenn zwei Baganda sich treffen, oder ich einen Muganda und meinen Sprachschatz auspacke, kann das so klingen:

     

    A: Olyotya, Ssebo?

    B: Gendi! Na we olyotya?

    A: Bulungi! Gyebale!

    B: Kale, Nnyabo. Na we gyebale!

    A: Kale.

     

    Das bedeutet so viel wie:

     

    A: Wie geht's? (Ssebo ist die Anrede für Männer, Nnyabo die für Frauen)

    B: Gut! Und dir?

    A: Sehr gut! Danke für deine Arbeit.

    B: Ist recht/ OK. Danke auch dir!

    A: Ist recht.

     

    Das ist sozusagen das Gerüst nachdem sich die Begrüßungen abspielen. Begleitet wird der Dialog von zahlreichen "hm"s und "eh"s, die Aufmerksamkeit vermitteln und eine abgeschlossene Phrase markieren sollen. Natürlich gibt es zahlreiche Variationsmöglichkeiten. Es kommt drauf wann man wen trifft und wie lange man sich nicht gesehen hat und was man sonst noch so alles wissen will. Ich werde zum Beispiel auch oftmals gefragt, wie es jedem zu Hause denn geht. Dann antworte ich mit Balungi!

     

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    Gomez und Kanzu

     

    Machen wir ein bisschen weiter in Länder, Menschen, Abenteuer. Betrachten wir uns mal die Kleidung der Menschen hier.

     

    Die Frauen tragen ein Kleid, das sogenannte Gomez. Es ist Alltags- wie auch Festkleidung. Nicht jede Frau trägt es, aber man kann es schon täglich sehen. Es wird aus einem bunten Stoff geschneidert. Am besten ein Plastikglitzerstoff in hellen Tönen, am liebsten Gold. Es ist langarmig. Um die Taille bzw. Bauch wird eine breite Schärpe gebunden, die in einer anderen Farbe gehalten ist. Es gibt ein paar Ursprungslegenden zum Gomez. Auf der einen Seite soll es aus dem ursprünglichen Rindenkleid der Frauen hervorgegangen sein. Eine andere Geschichte besagt, dass es weiße Missionare eingeführt haben sollen.

     

    Der Kanzu ist das Gewand der Männer. Er hat seine Wurzeln im arabischen Einfluss in Ostafrika. Es besteht aus einem knöchellangem, langärmligen weißen Kleid, das sehr sparsam mit roten Nähten verziert ist. Dazu gehört ein (dunkles) Jacket. Letzteres fehlt mir noch, aber einen Kanzu habe ich schon geschenkt bekommen. Um das Bild perfekt zu machen braucht Mann natürlich noch einen Stock. So wandelt unser Jiajia (sprich: dschadscha, Lug: Großvater) jeden Morgen an meiner Türe vorbei.

     

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    Was so ein alter Japaner alles aushält oder Taxifahren in Uganda

     

    Zwischen den Zeilen habe ich ja schon so manchen Kommentar zum ÖPNV (Öffentlicher Personen Nahverkehr) gemacht. Doch ich finde es ist an der Zeit diesem Thema ein eigenes Kapitel zu widmen. Also erstmal ohne diese Taxis geht hier in Uganda gar nix! Den Eisenbahnverkehr, der einst den Engländern zur Ausbeutung des Landes ("Kolonisation") diente, gibt es quasi nicht mehr. Es fahren sporadisch Güterzüge Richtung Kenia. Die Gleise sind jetzt Fußwege und stören an "Bahnübergängen" eher den eigentlichen Träger des öffentlichen Transportes, die Straße. Wie oben schon mal angedeutet ist Uganda zentralistisch ausgelegt. Somit ist Kampala der größte ZOB (Zentraler Omnibus Bahnhof) des Landes. Genau genommen gibt es dKampala, Old Taxi Park - zum Vergrößern clicken!eren zwei: Old und New Taxipark. Hier findet sich das Chaos der Stadt in seiner reinsten Form. Aber es funktioniert, irgendwie und für das Auge eines Europäers unergründlich. Dort stehen, schleichen - es scheinen Hunderte zu sein - diese weißen Kleinbusse, japanischen Fabrikats. Oft auch mit solchen Schriftzeichen versehen. Als Kennzeichen haben sie zudem einen blau-weiß karierten "Gürtel". Wenn man sich auf einen der Taxiparks in Kampala wagt wird man von allen Seiten mit Städtenamen zugedröhnt. Natürlich ist darunter nie der Ort zudem man selbst will. Aber auf Nachfrage erhält man einen freundlichen Fingerzeig in die richtige Richtung, oder wird auch schonmal bis zum Fahrzeug eskortiert. Dann steigt man ein und wartet. Im Taxi wird zuerstmal der Fahrgastnachbar begrüßt bevor man dann Zeitungen, Wasser, Bonbons, Küchlein, Bananen, gefälschte Uhren, Taschentücher usw. unter die Nase gestreckt bekommt. Ist dann das Taxi "voll" kann's losgehen. Sitzplatzmäßig sieht das wie folgt aus. Vorne zweieinhalb, also drei Plätze, einer davon für den Fahrer. Dann folgen im Standardtaxi vier Reihen mit vorgesehen drei Plätzen. Kommen wir mit 2 + 3 mal 4 auf 14 Sitzplätze. So wie es auf der Beifahrertüre steht. Dann kommt noch der Kondukteur dazu, der nimmt später das Geld entgegen. Natürlich werden mit dem Taxi nicht nur Passagiere befördert, sondern die Menschen haben ja meist auch noch was dabei oder extra was in der großen Stadt gekauft. Also werden unter die Sitze Kisten, Maissäcke, Holzstangen, Hühner gesteckt (was die Beinfreiheit oft nicht unerheblich einschränkt). Trotz des Chaos herrscht in der Hauptstadt Recht und Ordnung. Das heißt bei 14 Fahrgästen ist Schluss und es kann losgehen. Dann drückt sich das Taxi durch den Park. Es wird Karosse an Karosse gefahren. Denn jeder will als erster das Tor durchfahren und das eigene Taxi ist natürlich nicht das einzige, das gerade losfährt. Am Wochenende war es extrem krass. Die Schule hatte wieder begonnen und so waren viele Leute unterwegs. Wir standen fast eine Stunde nachdem wir los"gefahren" sind in der Schlange bis wir das Tor passieren konnten.

     

    Als ich von unserer Rundreise zurückfahren wollte, habe ich die Strecke über Hoima nach Kiboga genommen, da wir aus Richtung Norden kamen. Hoima liegt ungefähr nochmal so weit weg wie Kiboga von Kampala. Die Gegend ist dort noch ländlicher und die Straßen noch schlechter. Im Taxipark von Hoima habe ich schnell das richtige Taxi gefunden. Es gab dort nur ein paar Dutzend. Wir waren auch bald voll. Doch zuerst sind wir kurz tanken gefahren, dann ging's zurück zum Taxipark, wo noch weitere Fahrgäste warteten. Einige von ihnen waren schon zuvor da gewesen, haben aber noch kurz was erledigt. Dann ging's los, aber nicht die Fahrt, sondern das Gezeter, wer zuerst da war und jetzt mitfahren kann. Irgendwie hat man sich geeinigt und wir sind abgefahren. Diesmal mit vier Leuten pro Reihe. Doch kaum haben wir den Taxipark verlassen und sind auf die Straße Richtung Kiboga/Kampala gefahren, habe ich kapiert, wie denn die Einigung aussah. Denn am Straßenrand warteten die übrigen, zunächst zurückgelassenen Fahrgäste. Schlussendlich waren wir 23 Fahrgäste - ohne Fahrer und Kondukteur, sowie Kinder... Ich hatte zum Glück einen relativ komfortablen Fensterplatz in der vorletzten Reihe. In den Reihen vor mir saßen sie aufeinander, sich gegenüber, versetzt... Irgendwie mussten ja alle untergebracht werden. Ob es bei dieser Zahl geblieben ist, kann ich nicht so genau sagen, da wir an jeder Milchkanne, pardon Hühnerstall, gehalten haben und dort einige ausstiegen andere zustiegen. Ich habe irgendwann in dem Gewurschtel um mich herum die Köpfe der zu zählenden Personen schlichtweg nicht mehr erkennen können...

     

    Nun möchte ich zum Ende dieser mail noch einige gedankliche Schnappschüsse abgeben.

     

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    Begegnungen

     

    Da gibt es zum Beispiel Daniela, die Kunstdesignerin aus Pforzheim. Sie hat mit ihrem Schmuck und von ugandischen Kindern gemalte Bilder in ihrer Stadt Geld gesammelt. Jetzt ist sie hier gerade dabei mit Menschen vor Ort eine Schule zu bauen.

     

    Die zwei Mädchen aus einem Village. Die mir erzählt haben, dass hier schonmal ein junger Deutscher namens Florian da war. Und sie sich fragten, ob jeder Florian so fröhlich ist...

     

    Wolfgang aus Bayern. Der lange Zeit als Entwicklungshelfer in der Welt unterwegs war und der jetzt in Uganda Urlaub zusammen mit seiner chinesischen Ehefrau und ihrem gemeinsamen Sohn macht.

     

    Die Acholi, die als Künstlerin in Jinja arbeitet. Bei der wir Stunden in ihrer zimmergroßen Ausstellungs- und Verkaufsraum saßen und geschwätzt haben. Um uns ihre ausdrucksstarken, farbigen Bilder. Tradition und Moderne wunderbar vereint. Und dann schenkt sie uns noch einfach eine Ananas.

     

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    Bilder

     

    Kurzer Stopp auf der Straße Kampala-Kiboga. Sofort brausen die Bodas daher. Einer der Fahrer trägt eine Original-gelb-blaue-Deutsche Post-Jacke.

     

    Kurz vor Kampala gibt es einen "Parkplatz", der umgeben ist von einem Zaun und der durch ein großes Eisentor gesichert wird. Auf dem Schild davor steht: "Gott gegebener Tag- und Nachtparkplatz".

     

    Nun denke ich, für heute ist genug. Ich hoffe, dass Sie werter Leser die Länge dieses Briefs als eine Wiedergutmachung für das lange Ausbleiben einer Nachricht von mir werten und nicht als Belastung ansehen...

     

     

    Viele herzliche Grüße an Sie,

    meine Freunde,

    meine Familie,

    an alle die mich in jeglicher Form unterstützen. Danke.

     

    Florian Yiga, vom Antilopen-Clan

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